Nebenschauplätze der Frage „Macht Wohlstand dumm?“ von Clemens J. Setz
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hier der einstieg:
Immer, wenn ich einen Aufsatz über eine bestimmte Fragestellung zu schreiben habe, mache ich mir das kleine Präliminarvergnügen, die allerschlechteste Publikation zudem Thema zu suchen, die es gibt. In dem vorliegenden Fall war das Ergebnis dieserNegativ-Recherche geradezu spektakulär. Denn die Frage „Macht Wohlstand dumm?“und die mit ihr verwandte Vermutung, dass die Literatur einer so genanntenWohlstandsgesellschaft „keine relevanten Probleme“ mehr behandle, beschäftigte imJahr 1969 einen rechtsextremen deutschen Journalisten namens Gustav Sichelschmidt. Er schrieb ein ganzes Buch über diese Frage; sie bildet sogar dessen Untertitel. Das Buch ist, auch außerhalb dieses Themengebietes, eines der dümmsten Bücher, die mir je begegnet sind. Ich bin mir sicher, dass ich durch seine Lektüre deutlich dümmer geworden bin.Hier ein Auszug: „Der Besitzende hat es in jedem Fall ungleich schwerer als der Habenichts, zu bemerkenswerten Leistungen zu gelangen. Er ist immer den Gefahrendes schieren Genusses und der Passivität ausgesetzt. Aber gerade ungewöhnliche Leistungen bestätigen den Menschen erst vor sich selbst und bringen ihn zur Entfaltung seiner Persönlichkeit, die nach Goethe immer noch das höchste Glück derErdenkinder ist. Das Erlöschen der Initiative aber kennzeichnet im Leben des einzelnen wie der Völker die erste Etappe auf dem Weg zur Auflösung. Wer auf seinen Lorbeeren ausruht, stagniert nicht nur, er wird auch von den Ereignissen nur zu schnell und hoffnungslos überrundet.“